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Resolution

Ärztliche Sozialkompetenz gründet auf sozialer Bindung und Freiberuflichkeit

Das unumstößliche Bürgerrecht auf eine individuelle und unabhängige ärztliche Versorgung speist sich ganz wesentlich aus der hohen Sozialkompetenz von Ärztin und Arzt. Diese Sozialkompetenz stand und steht in den Jahrtausenden der Existenz des ärztlichen Berufes stets in einem besonderen Spannungsverhältnis zwischen sozialer Bindung und Freiberuflichkeit.

 

Die Sozialbindung des Arztes

Die soziale Bindung des Arztes ist in der ärztlichen Berufsordnung festgeschrieben. Hier heißt es, dass der Arzt der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes dient. Dabei verlangt der ärztliche Beruf, dass der Arzt seine Aufgabe nach seinem Gewissen und nach den Gebotender ärztlichen Sitte erfüllt.

Die individuelle und soziale Bindung des ärztlichen Handelns ist im Naturrecht begründet und stellt eine Verpflichtung dar, bestimmte Prinzipien bei der Behandlung der Patienten zu beachten. Dabei ist die Frage nach der Freiheit des Arztes nicht diejenige nach einer bestimmten Zeitepoche, sie gilt der Freiheit des Arztes schlechthin, die von Zeit und Ort in ihrer Gültigkeit unabhängig ist.

Die Gebote der ärztlichen Ethik, aber auch das eigene Gewissen können durchaus im Gegensatz zu einer bestimmten Gesellschaftsordnung stehen. Wenn der Arzt von einer sozialen Bindung gegenüber dem einzelnen Patienten abgeht – abgehen muss –und das positive Recht, das eine Gesellschaftsmehrheit oder politische Mehrheiten gesetzt haben, höher erachtet als die naturrechtliche Verpflichtung gegenüber dem einzelnen Individuum, wird sein Handeln unärztlich.

 

Festhalten an ärztlicher Freiberuflichkeit

Wo der Druck durch politische Gewalt, wirtschaftliche Prioritäten mit alleiniger Ausrichtung auf Gewinnmaximierung oder auch egoistischer Forscherehrgeiz den Arzt in die Abhängigkeit außerärztlicher Institutionen zwingen, werden die  ärztliche Ethik verletzt und die Freiheit des Arztes in Frage gestellt. Die Medizin verliert ihre Menschlichkeit.

Der beste Garant dafür, derartige Entwicklungen zu verhindern, ist das Festhalten an der ärztlichen Freiberuflichkeit und damit an einer möglich stengen Patient-Arzt-Beziehung, die nicht durch äußere Störeinflüsse reglementiert oder gar manipuliert wird.

Je weiter der Arzt in seiner Tätigkeit vom Patienten entfernt wird, je mehr ein System die ärztliche Bezugsperson im Krankheitsfall durch anonyme Institutionen ersetzt, desto größer wird die Gefahr, dass diese Institutionen, in die auch Ärzte immer noch eingebunden sind, zu Zwecken missbraucht werden, die sich nicht mit der Verpflichtung des Arztes gegenüber dem Individuum ‚Patient’ vereinbaren lassen.

Schon von daher muss das Postulat gelten, dass die Prinzipien ärztlicher Ethik, praktisch ausgeformt in der ärztlichen Freiberuflichkeit, zum Schutz der Patienten und damit der Bürger eines Landesunabhängig von der jeweiligen Gesellschaftsordnung über Raum und Zeit hinweg Geltung haben muss.

Auch das Verhältnis des Patienten zu seinem Arzt wird nicht unerheblich von der Einstellung des Arztes abhängen. Wird die duale Beziehung zwischen Patient und Arzt durch kollektivistische Einflüsse definiert, wird er dieses völlig anders gestalten als in dem Fall, in dem er den  Arzt als persönlichen Vertrauten und Partner innerhalb dieser Dualbeziehung ansehen darf.

 

Mehr Privatisierung des ärztlichen Beistandes

Was der im Krankheitsfall zunehmend hilfsbedürftige moderne Mensch braucht, ist nicht Abbau, sondern Aufbau der dualen Beziehung zu seinem Arzt. Was der Patient braucht, ist nicht ein Immer-noch-Mehr an medizinischer Institutionalisierung und Automatisierung, sondern ein Mehr an Privatisierung des ärztlichen Beistandes.

Der Patient will keine zunehmende Verstaatlichung, er will keinen Arzt als Erfüllungsgehilfen öffentlicher Instanzen, er will eine zunehmende Individualisierung der Medizin.

Dem Arzt kommt in der Gesellschaft ein Sonderstatus zu – nicht im Sinne eines Gruppenegoismus, sondern entsprechend der Feststellung von Virchow, dass der Arzt der beste Anwalt des Patienten ist. Im Umkehrschluss muss die Gesellschaft den Arzt zu jeder Zeit in die Lage versetzen, für den Primat des Individuums eintreten zu können – gewissermaßen als Regulativ gegenüber all den Einflüssen, die in unserer Gesellschaft die Entfaltungs-möglichkeiten des Einzelnen einengen.

Eine Gesellschaft freier und mündiger Bürger hat das Recht auf eine individuelle und unabhängige ärztliche Versorgung. Dies ist nur gewährleistet, wenn das Berufsbild des Arztes von den Merkmalen freier Berufstätigkeit geprägt bleibt. Das Recht der Menschen auf freie Arztwahl erhält seinen Wert durch die unmittelbare persönliche Verantwortung des Arztes, die in seiner Freiberuflichkeit ihren Ausdruck findet.

Die daraus resultierende Sozialkompetenz der Ärzte muss das gesellschaftliche Bollwerk bleiben gegen eine sozialisierte und von Fremdeinflüssen dominierte Medizin, die ihrem Wesen nach unsozial ist, weilhier das Individuum missachtet wird und weil Krankheit nicht sozialisierbar ist.


Vom Vorstand einstimmig beschlossen.

Düsseldorf, 22. März 2014